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DGPFG-Rundbrief
2/2016 Nr. 52

Dezember 2016

Liebe Mitglieder der DGPFG,

haben Sie nicht auch das Gefühl, dass auf unserer Seele herumgeTRUMPelt wird?

Dass ein Populist einen faktenlosen Wahlkampf gewinnt, sollte uns mehr als nachdenklich stimmen. Die von der Globalisierung vorgegaukelte, aber selten mögliche „Verfügbarkeit“ eines sorgenfreien Lebens erzeugt Gier, Kränkung und am Ende ein Gefühl von Bedeutungslosigkeit. Dies ist der Nährboden für fast alle Zeitphänomene wie auch den Erfolg des Populismus.

Was können wir Psychosomatiker tun?

Der bekannte Freiburger Ethiker Giovanni Maio schreibt in seinem Buch, Medizin ohne Maß: „Das Glück liegt nicht in unserer Hand, sondern in unserer Einstellung.“ …und damit können wir insbesondere mit unseren Patientinnen immer wieder arbeiten. Die biopsychosozial begleitete Elternschaft ist kein Garant aber Voraussetzung für eine Entwicklung zum selbstbewussten, kohärenten Menschen, der weniger Anfälligkeit zeigt für Extremismus, welcher Art auch immer.

Aber auch die ganz allgemeine psychosomatische Begleitung von Frauen in Ihren Lebensübergängen von der Menarche bis zur Menopause und in ihren Krisenzeiten, sei es aus biologischen, psychischen oder sozialen Gründen, hat aus meiner Sicht protektive Effekte.

Indem wir eine ehrliche und ganzheitliche Medizin anbieten, welche sich nicht dem Diktat von Ökonomie und Organisation unterordnet, leisten wir viel für den „Seelenfrieden“ – auch den unseren.

In diesem Sinne hoffe ich, dass Sie nach Lektüre unseres Rundbriefes auch zu dem Schluss kommen, dass wir in der DGPFG und im Verbund mit den kooperierenden Verbänden gute Arbeit leisten. Vorstand und Beirat sind fleißig und haben viel geschafft. Wir sind auf gutem Weg – sind zunehmend bedeutsam, versuchen klug und evident zu entscheiden und öffnen unsere Grenzen, und damit stehen wir auch politisch auf der aus meiner Sicht richtigen Seite. Ich hoffe, viele von Ihnen sehen das auch so.

In diesem Sinne grüßt Sie herzlich und in freudiger Erwartung auf ein Wiedersehen in Dresden

Dr. Wolf Lütje
Präsident der DGPFG

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Inhaltsverzeichnis

Seite 3
Einladung zur Mitgliederversammlung


Seite 4
Klausurtagung im September 2016


Seite 5
Gewalt gegen Frauen


Seite 6
Die neue Homepage


Seite 7
DGPFG-Kongress 2017


Seite 8
Nationales Zentrum Frühe Hilfen


Seite 9
Kooperationen – Informationen und Stand der Dinge


Seite 10
Das Beratungsnetzwerk Kinderwunsch Deutschland BKiD


Seite 10
Perspektiven der psychosozialen Kinderwunschberatung in Deutschland – Tagung in Hamburg


Seite 11
Initiative Klug entscheiden


Seite 12
Kongressberichte


Seite 12
61. Kongress der DGGG 2016


Seite 13
DGPFG-Sitzung zu Migrationsthemen auf der DGGG-Tagung 2016


Seite 14
23. Jahrestagung des AKF


Seite 15
Fachtag „Gelingende Geburtshilfe“


Seite 16
Studie: Deutschland hat weniger Sex


Seite 17
Buchtipps


Seite 17
Vertrauen in die natürliche Geburt


Seite 17
Schönheitsmedizin


Seite 18
Impressum

Artikel des Monats Dezember 2016

Artikel des Monats Dezember 2016

vorgestellt von Prof. Dr. med. Matthias David

Kreß H.
Heutige Kinderwunschmedizin an einer Wegscheide. Vorwirkende Schutzrechte von Kindern als normatives Kriterium.
ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik 2016; 49: 232-235

Zusammenfassung (Auszüge aus dem Artikel)

„Angesichts aktueller Innovationen der Fortpflanzungsmedizin stellt sich die Frage nach ethisch und grundrechtlich gebotenen Grenzziehungen. Es geht darum, dass Schutz- und Selbstbestimmungsrechte von Kindern bereits vorwirkend zu beachten sind. […] Das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und Paaren mit Kinderwunsch wird im Inland zu sehr eingeschränkt. […].“ Der Autor bespricht sehr wichtige Aspekte folgender kontrovers diskutierter Themen ausführlich: „Pränataler Zugriff auf das Genom versus Recht auf informationelle Selbstbestimmung“, „Herausgabe kryokonservierter Embryonen versus Persönlichkeitsrechte des Kindes“, „Anonyme Keimzellspenden versus Recht auf Kenntnis der genetischen Herkunft“ und „Uterustransplantation mit Embryotransfer versus Gesundheitsschutz des Kindes“. Er schreibt unter der Überschrift „Das Kind als Projekt“: „Insgesamt ist unverkennbar, dass die Kinderwunschmedizin ihr Angebotsspektrum zurzeit ausweitet. Offen ist, ob hier durch stets tatsächlicher medizinischer und authentischer menschlicher Bedarf abgedeckt wird oder ob nicht auch künstlich Bedürfnisse wachgerufen werden. Letzteres ist ins besondere dann problematisch, wenn Dritte Schaden nehmen können…“

Im Fazit des sehr lesenswerten Artikels heißt es u. a.: „Eine obligatorische psychosoziale Beratung ist jedoch für Konstellationen in Betracht zu ziehen, bei denen die Interessen Dritter, z. B. einer Uterusspenderin, sowie die vorwirkenden Grundrechte von Kindern besonders stark betroffen sind. In einer behandlungsunabhängigen Beratung kann auch aufgearbeitet werden, ob sich ein Kinderwunsch in bedenklicher Weise verselbstständigt hat und ob präkonzeptionell oder pränidativ auf ein Kind Projektionen gerichtet werden, durch die es von vornherein überfremdet und nach geburtlich in seiner eigenständigen unbefangenen Entwicklung beeinträchtigt zu werden droht…“

Prof. Dr. med. Matthias David

Artikel des Monats November 2016

Artikel des Monats November 2016

vorgestellt von PD Dr. med. Friederike Siedentopf

Higgins JA, Sanders JN, Palta M, Turok DK
Women’s Sexual Function, Satisfaction, and Perceptions After Starting Long-Acting Reversible Contraceptives.
2016 Nov;128(5):1143-1151

In der vorliegenden US-amerikanischen Studie wird die Auswirkung von kontrazeptiven Maßnahmen auf die weibliche Sexualität in einer prospektiven Beobachtungsstudie untersucht. Eingeschlossen wurden 200 Anwenderinnen von langanhaltenden, aber reversiblen Kontrazeptiva (sog. LARC’s= longacting reversible contraceptives). Die untersuchten kontrazeptiven Maßnahmen umfassten zu 20 % Kupfer-IUD, zu 46 % Hormonspiralen und zu 34% hormonhaltige Implantate. Die Befragung erfolgte bei Erstverschreibung sowie einen und drei Monate danach.

Das primäre Outcome wurde mit dem Female SexualFunction Index, dem New Sexual Satisfaction Scale und mit Erfassung der wahrgenommenen Effekte der Methode (positiv, negativ oder keine) auf die Sexualität gemessen. Sekundäre Studienziele waren andere mit der Sexualität verbundene Faktoren wie die sexuelle Akzeptanz der LARC’s, die Fähigkeit, beim Sex ‚loszulassen‘, das Gefühl, Kontrolle über Schwangerschaft zu haben und Änderungen im Menstruationszyklus.

Von den 200 zwischen Dezember 2014 und April 2015 eingeschlossenen Patientinnen komplettierten 159 Frauen die Fragebögen zu allen drei Messzeitpunkten. Die durch die verwendeten Fragebögen erhobene sexuelle Funktion und die Scores zur sexuellen Zufriedenheit änderten sich nicht im zeitlichen Verlauf, wobei allerdings trotzdem die Probandinnen ihr Sexualleben als verbessert nach Beginn der kontrazeptiven Maßnahme ansahen. Nach drei Monaten berichteten 40 % über positive und 17 % über negative Auswirkungen des Kontrazeptivums auf ihre Sexualität. Positive Veränderungen waren assoziiert mit dem Gefühl der Kontrolle über Schwangerschaft und der Fähigkeit beim Sex ‚loszulassen’. Negative Auswirkungen auf die Sexualität wurden vor allem verstärkten vaginalen Blutungen zugeschrieben.

Schlussfolgernd berichten die Autoren, dass obwohl es keine objektiv messbaren Änderungen in der Sexualfunktion bei ‚neuen‘ LARC-Anwenderinnen gibt, eine kleine Gruppe von einer positiven, methodenbezogenen Auswirkung auf ihre Sexualität berichtet.

Positiv hervorzuheben ist bei dieser Untersuchung das prospektive Studiendesign. Als Limitationen der Studie sind zu benennen, dass keine Kontrollgruppe gebildet wurde und im Design nur eine begrenzte Auswahl von Kontrazeptiva überhaupt untersucht wurde, aber immerhin ist ein Anfang auf diesem interessanten Gebiet gemacht.

PD Dr. med. Friederike Siedentopf

Artikel des Monats Oktober 2016

Artikel des Monats Oktober 2016

vorgestellt von Prof. Dr. med. Matthias David

E. Toffol et al.
Anxiety and quality of life after first‐trimester termination of pregnancy: a prospective study.
Acta Scand Obstet Gynecol 2016; Vol: 95, Pages: 1171–1180

Studienziele und -design: Mögliche Effekte eines Schwangerschaftsabbruchs auf die Psyche der betroffenen Frau werden seit Langem diskutiert. Einige aktuelle Studien haben gezeigt, dass ein Schwangerschaftsabbruch einen neutralen Effekt auf die mentale Gesundheit der betroffenen Frauen hat. In einer größeren dänischen registerbasierten Studie wurde nachgewiesen, dass Frauen mit einem Schwangerschaftsabbruch eine höhere psychische Morbidität als die Gesamtpopulation hatten. Dies spiegelt wohl die schwierige Lebenssituation von Frauen wieder, die einen Abbruch durchführen lassen (müssen) und die Akkumulation von Problemen in einer bestimmten Lebenssituation. Die vorgestellte Studie ist Teil eines größeren Projekts, welches auf die Verhinderung weiterer Abruptios durch die frühe Einlage einer Intrauterinspirale bzw. entsprechende kontrazeptive Beratung abzielt. Es erfolgt die Messung von Veränderungen im Angstlevel (STAI-Fragebogen) und der Lebensqualität (Fragebögen EuroQoL Quality of Life Questionnaire (EQ-5D-3L) und EuroQoL VisualAnalogy Scale (EQ-VAS)) bei 742 Frauen während einer 1-Jahres-Periode nach einem Schwangerschaftsabbruch im 1. Trimester (keine medizinische Indikation, <12 SSW) zu drei Zeitpunkten: Vor dem Schwangerschaftsabbruch, 3 Monate und 12 Monate danach. Von 45% der befragten Frauen konnten Daten von allen drei Befragungszeitpunkten ausgewertet werden.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Im Vergleich zu den Ausgangswerten vor dem Abbruch waren die Angstwerte 3 und 12 Monate nach der Abruptio zumeist signifikant niedriger und die Lebensqualität höher. Angstreduktion und Lebensqualitätszunahme waren besonders bei den 58 % der Frauen zu beobachten, die klinische relevante Angstwerte bei der Basisbefragung vor Abruptio angegeben hatten (STAI-Werte >40). Dieser sozusagen positive Effekt eines Schwangerschaftsabbruchs (Angstreduktion in der Nachbeobachtungszeit und die Verbesserung der Lebensqualität) zeigte sich insbesondere für die vor der Abruptio psychisch stärker belasteten und sozial schlechter gestellten Frauen. Bei Frauen, die als Ausgangswerte STAI-Werte <40 aufwiesen, blieben diese normal-niedrigen Werte fast unverändert über die Nachbeobachtungszeit bestehen. Beim Vergleich des Einflusses der Abruptiomethode (medikamentös vs. operativ) auf Angstlevel und Lebensqualität zeigte sich im Frauenkollektiv mit nicht-operativem Schwangerschaftsabbruch eine Verminderung der Angstwerte und einer Erhöhung der Lebensqualität über die Nachbeobachtungszeit im Verhältnis zum Basiswert vor dem Abbruch. In der Frauengruppe mit operativem Schwangerschaftsabbruch konnte diese Veränderung so nicht nachgewiesen werden. Allerdings waren die Veränderungen der Angst- und Lebensqualitätswerte zwischen den beiden Gruppen (medikamentös vs. operativ) nicht statistisch signifikant unterschiedlich. Die Autoren empfehlen, die Ergebnisse der Studie bei der Entwicklung von Maßnahmen und für praktische Hilfsangebote nach einem Schwangerschaftsabbruch zu berücksichtigen.

Prof. Dr. med. Matthias David

Hormontherapie 2016 – DGPFG-AKF-Stellungnahme

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Stellungnahme von AKF und DGPFG zur fragwürdigen Renaissance der Hormontherapie

28.06.2016

Die vielen Äußerungen in den frauenärztlichen Medien, die eine „Renaissance der Hormontherapie“ begrüßen, haben uns zu einer kritischen Reaktion veranlasst.

Stellungnahme des Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft (AKF) e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG)

  • zur Pressemeldung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) vom 4.5.2016
  • zum Editorial im „Frauenarzt“ 5/2016 von Ch. Albring
  • sowie zu dem Artikel: WHI-Autoren mahnen: Millionen von Frauen müssen unnötig leiden! von A. O. Mueck in Frauenarzt 5/2016
  • Hormontherapie in den Wechseljahren: Evidenzbasierte Indikationsstellung statt Medikalisierung

Schon wieder proklamieren Hormonbefürworter in der DGGG und im BVF eine Renaissance der HRT! Mangels neuer Studienergebnisse generalisieren sie eine einfache Meinungsäußerung von US-amerikanischen ForscherInnen, als wäre sie ein Paradigmenwechsel.

Dabei beziehen sich die WHI-KoautorInnen Joann E. Manson und Andrew M. Kaunitz speziell auf amerikanische Verhältnisse, wenn sie eine Untertherapie feststellen. Ihrer Ansicht nach ist eine Hormontherapie indiziert für Frauen mit mittleren bis schweren klimakterischen Symptomen. Sie gehen davon aus, dass etwa 20 % der Frauen in der frühen Menopause behandlungsbedürftig sind.

In Deutschland wurden im Jahre 2001, also vor Veröffentlichung der WHI, etwa 40 % der Frauen zwischen 50 und 70 Jahren mit Hormonen behandelt. Im Jahre 2007, also 5 Jahre nach der WHI war die Behandlungsrate auf 20 bis 25 % gesunken. Es kann also nicht die Rede davon sein, dass „Millionen Frauen unnötig leiden müssen“. Im Gegenteil, der Statistik zu Folge werden eher mehr als die 20 % Frauen behandelt. Passend dazu zeigt eine repräsentative Untersuchung deutscher Frauen aus dem Jahr 2012, dass etwa 22 % der Frauen unter deutlichen bis schweren sogenannten Wechseljahres- symptomen leiden (Weidner et al., 2012).

Die WHI-Studie wurde in Deutschland auch nie als Argument benutzt, Frauen mit Wechseljahres-Beschwerden eine effektive Therapie vorzuenthalten. Im Gegenteil, sowohl die S3-Leitlinie von 2009 als auch seriöse Publikationen weisen immer wieder darauf hin, dass es in der WHI um Nutzen und Schaden einer Langzeitbehandlung mit Hormonen aus präventiven Gründen ging und eben nicht darum, die Behandlung von klimakterischen Beschwerden zu bewerten. Kritisch wurde immer nur eine Behandlung gesehen, die „prophylaktisch“ durchgeführt werden sollte. Der Altersdurchschnitt von 63 Jahren in der WHI ist dem Ziel der Studie vollständig angemessen.

Mit der Botschaft, dass das absolute Risiko für unerwünschte Ereignisse bei jüngeren Frauen, also unter 60 Jahren, niedriger ist als für ältere Frauen über 60 Jahren, erfahren wir nichts Neues. Das ist überhaupt die Basis, Frauen Hormone gegen Wechseljahresbeschwerden zu verordnen. Allerdings lassen es die wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht zu, wenn unsere Fachgruppenvertreter aus dem Plädoyer für die Behandlung mittlerer bis schwerer klimakterischer Beschwerden gleich wieder eine Indikation für die „jahrelange Substitution, sofort nach Beginn des Mangels“ machen. Die Diktion verrät: Sie haben aus der WHI-Studie nichts gelernt. Sie ignorieren dabei aber auch, wie Frauen heute mit ihren Wechseljahren umgehen wollen, nämlich selbstbestimmt und individualisiert; und dass sie eine kompetente psychosomatische Begleitung wollen und zu schätzen wissen, die viel mehr bein- haltet als eine einseitige Hormonersatz-Therapie (Schumann et al. 2011).

Schließlich beklagen die amerikanischen ForscherInnen, dass junge ÄrztInnen nach der WHI nicht mehr gelernt hätten, klimakterische Beschwerden effektiv zu behandeln. Sie beziehen ihre Begründung aus einem Trainingsprogramm für junge InternistInnen. Es ist ohne Frage wichtig, ÄrztInnen jeder Fachrichtung in Themen der Frauengesundheit zu unterrichten. Aber unsere hiesigen Fachverbände instrumentalisieren diese ehrliche Analyse der amerikanischen Verhältnisse und bringen niedergelassene FrauenärztInnen in Misskredit.

Sowohl AKF e.V. als auch DGPFG verfügen über große Fachexpertise, gerade im gynäkologisch-geburtshilflichen Fachgebiet. Die sich regelmäßig wiederholenden manipulativen Äußerungen von Vertretern der wissenschaftlichen Fachgesellschaft DGGG und des Berufsverbandes der Frauenärzte (BVF) speziell zum Thema Hormontherapie in den Wechseljahren sind irreführend (arzneitelegramm 6/2016). Die vielen FachkollegInnen, die ihre Patientinnen mit großem Engagement versorgen, haben Besseres verdient, nämlich eine zuverlässige evidenzbasierte Informationspolitik.

Für die DGPFG
Dr. med.Wolf Lütje

Präsident

Dr. med.Claudia Schumann
Vizepräsidentin

Prof. Dr.med. Kerstin Weidner
Wiss. Beirat

Für den AKF
Dr. med. Dagmar Hertle
1.Vorsitzende

Dr.med. Antje Huster-Sinemillioglu
Beisitzerin

Slide AKF und DGPFG-Stellungnahme zur fragwürdigen Renaissance der Hormontherapie

Literatur

Pressemeldung der DGGG e.V. vom 4.5.2016,
Hormonersatzbehandlung in den Wechseljahren hat mehr Nutzen als Risiken, www.dggg.de

Editorial im Frauenarzt 57, Heft 5, 2016, S.433

WHI-Autoren mahnen: Millionen von Frauen müssen unnötig leiden!
A.O.Mück, Frauenarzt 57, Heft 5, 2016, S. 442-4

Menopause Management – Getting Clinical Care Back on Track, Manson, J.E., Kaunitz, A.M., N Engl J Med 374,9 March 3, 2016

Schumann, C., Beckermann, M., Bodelschwingh, F.v., Dorsch, V., Lehmann, C., Möller, I., Tormann, D. (2011) „Es hat nichts gefehlt“ – Wechseljahre 2010 in der psychosomatischen Praxis. In: FRAUENARZT 52 (2011) Nr.12

GEK-Arzneimittel-Report 2007, Glaeske G, Jahnsen, K, Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse Band 55, Bremen, Schwäbisch Gmünd

Weidner, K., Richter, J., Bittner A., Stöbel-Richter Y., Brähler E. (2012) Klimakterische Beschwerden über die Lebensspanne? Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage in der deutschen Allgemeinbevölkerung. Psychotherapie Psychosomatik Medizinische Psychologie 62: 266–275

Arzneitelegramm 6/ 2016: POSTMENOPAUSALE HORMONTHERAPIE – Gynäkologische Fachgesellschaften setzen weiterhin auf Desinformation

Artikel des Monats September 2016

Artikel des Monats September 2016

vorgestellt von PD Dr. med. Friederike Siedentopf

Rowlands et al.
Young women’s psychological distress after a diagnosis of polycystic ovary syndrome or endometriosis.
Human Reproduction, Vol. 31, No. 9 pp. 2072-2081, 2016

In der vorliegenden australischen Studie wird die psychische Situation junger Frauen mit polyzystischem Ovarsyndrom (PCOS) oder Endometriose in einer longitudinalen Kohortenstudie untersucht. Die untersuchte Kohorte nimmt an der sogenannten Australian Longitudinal Study on Women’s Health (ALSWH) teil, die unterteilt in drei Altersgruppen und zu zwei Untersuchungspunkten befragt wurde. Analysiert wurden die Daten von über 11.000 Frauen, der Prozentsatz der betroffenen Frauen im Gesamtkollektiv betrug für PCOS ca. 7,5 %, für Endometriose ca. 4,5 %.

Sowohl polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS) als auch Endometriose können zu Einschränkungen der psychosozialen Lebensqualität führen. Besonders betroffen bei beiden Erkrankungen sind dabei Sexualität, Aspekte der Fertilität und Reproduktion und die generelle Lebensqualität. Das Assessment der psychischen Situation erfolgte in der Studie unter Verwendung der validierten Kessler 10-Skala, die mit 10 Items den psychischen Stresslevel evaluiert. Die Diagnose des PCOS oder der Endometriose wurde anamnestisch erhoben (‚Ist bei Ihnen jemals PCOS resp. Endometriose diagnostiziert oder behandelt worden?‘). Es zeigte sich, dass 60 % der betroffenen Frauen mit den oben genannten Diagnosen sich in einer mittleren bis schweren psychischen Stresssituation befanden. Insbesondere dann war die Belastung besonders groß, wenn die Probandinnen unter Übergewicht litten. Parallel war der Gebrauch von oralen Kontrazeptiva erhoben worden, darunter zeigte sich keine Änderung der psychischen Symptomatik.

Als besonders bei dieser Studie hervorzuheben ist, dass im Vergleich zu anderen Untersuchungen, ihr Fokus auf sehr jungen Frauen (18 bis 23 Jahre) liegt. Kritisch anzumerken ist, dass die rein anamnestische Erhebung der Diagnose als nicht sehr valide anzusehen ist.

Artikel des Monats August 2016

Artikel des Monats August 2016

vorgestellt von Prof. Dr. med. Matthias David

K.C. Schliep et al.
Sexual and physical abuse and gynecologic disorders.
Hum. Reprod. (2016) 31 (8): 1904-1912 

Sexueller und körperlicher Missbrauch können möglicherweise neuroendokrine Prozesse beeinflussen, was eventuell zu einem höheren Risiko für Endometriose oder andere nichtentzündliche gynäkologische Erkrankungen führt. Bisher haben allerdings nur wenige Studien eine Missbrauchsanamnese vor der Diagnose durch eine Operation erfasst. Das Autorenteam ging also der Frage nach, ob sexueller und/oder körperlicher Missbrauch mit einer erhöhten Rate von Endometriosediagosen oder anderer gynäkologischer Störungen bei prämenopausalen Frauen verbunden ist. Beweisend war jeweils die Durchführung einer diagnostischen und/oder therapeutischen Laparoskopie oder Laparotomie unabhängig der der OP-Indikation. Dazu wurden die Daten von 473 Frauen im Alter zwischen 18 und 44 Jahren ausgewertet, die in einem von 14 OP-Zentren in Salt Lake City oder San Francisco/ USA behandelt worden waren. Frauen mit einer vorbekannten Endometriose wurden ausgeschlossen. Vor dem Eingriff wurden alle Frauen gebeten, einen standardisierten Fragebogen zum Thema Missbrauch auszufüllen. Das relative Risiko von Endometriose, Myomen, Adhäsionen oder Ovarialzysten bei einer positiven Missbrauchsanamnese wurde bestimmt und für die Parameter Alter, Rasse/Ethinizität, Ausbildung, Rauchen, vorangegangene Schwangerschaften und Familienstand adjustiert. Es wurde überprüft, ob bekannte chronisch-rezidivierende Unterbauchschmerzen, eine Depression oder durchgemachte sexuell-übertragbare Erkrankungen die Zusammenhänge erklären können. Die Autoren berichten, dass 43 bzw. 39 % der Frauen des Untersuchungskollektivs über erfahrenen sexuellen bzw. körperlichen Missbrauch berichteten. Im Gruppenvergleich zwischen den Frauen mit und ohne sexuellen Missbrauch in der Vorgeschichte ließ sich kein Unterschied des relativen Risikos für das Auftreten von Endometriose, Ovarialzysten oder Myomen nachweisen. Im Gegensatz dazu war eine körperliche Missbrauchserfahrung mit einem signifikant höheren relativen Risiko für Adhäsionen verbunden. Die oben bereits genannten drei Parameter chronisch-rezidivierende Unterbauchschmerzen, Depression oder sexuell-übertragbare Infektion als mögliche Cofaktoren erklärten diesen Unterschied nicht. Nach Darlegung der Grenzen der Studie schlussfolgern die Autoren, dass Missbrauchserfahrung offenbar mit einigen gynäkologischen Störungen neuroendokrin-entzündlichem Ursprungs verbunden sein kann. Die hohe Prävalenz der berichteten Missbrauchserfahrung in der Untersuchungsgruppe unterstreicht die Notwendigkeit eines Screenings auf Missbrauchserfahrung durch das medizinische Personal und die Einführung geeigneter Nachbetreuungsmaßnahmen für die betroffenen Frauen.

Prof. Dr. med. Matthias David

Artikel des Monats Juli 2016

Artikel des Monats Juli 2016

vorgestellt von PD Dr. med. Friederike Siedentopf

Facchin F, Barbara G, Saita E, Erzegovesi S, Martoni RM, Vercellini P.
Personality in women with endometriosis: temperament and character dimensions and pelvic pain.
Hum Reprod. 2016 Jul;31(7):1515-21. doi: 10.1093/humrep/dew108. Epub 2016 May 10

In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, ob bei Endometriosepatientinnen das Vorhandensein von chronischen Unterbauchschmerzen mit einer spezifischen Persönlichkeits- und Temepramentstruktur assoziiert ist. Dies wurde bislang nicht untersucht.

Durchgeführt wurde eine Querschnittstudie an 133 Endometriosepatientinnen mit und ohne Unterbauchschmerzen. Exploriert wurden die Patientinnen gemäß des psychobiologischen Modells nach Cloninger. In diesem Modell postulierte Cloninger 4 verschiedene Temperamentdimensionen:

novelty seeking (= Neugierverhalten),
harm avoidance (= Schadensvermeidung),
reward dependence (= Belohnungsabhängigkeit) und
persistence (= Beharrungsvermögen).

Sie sind voneinander unabhängig und neurobiologisch begründbar. Er assoziiert novelty seeking mit dem dopaminergen, harm avoidance mit dem serotonergen und reward dependence mit dem noradrenergen Neurotransmittersystem. Persistence ist die jüngste von Cloningers Temperamentdimensionen und wurde ursprünglich als eine Komponente von reward dependence betrachtet. Sie ist mit keinem Neurotransmittersystem eindeutig assoziiert.

Es fand sich, dass bei den Frauen mit schmerzhafter Endometriose das Neugierverhalten, Selbstbestimmung und Verantwortungsbereitschaft vermindert waren, die Schadensvermeidung und Ermüdbarkeit waren dagegen erhöht im Vergleich zur schmerzfreien Kontrollgruppe. Je stärker die Schmerzen waren, umso höher war die Schadensvermeidung und umso niedriger war die Selbstbestimmung.

Fazit
Die Studie liefert interessante Ergebnisse, die weiter untersucht werden sollten. Die Autoren merken methodenkritisch die kleine Fallzahl, kulterelle Homogenität der Stichprobe sowie unterschiedliche Gruppengrößen an.

Ergänzen möchte ich noch, dass offen bleibt, ob die gefundenen Persönlichkeitsunterschiede zwischen den beiden Gruppen auch als Reaktion auf die Unterbauchschmerzen entstanden sein könnten. Die Antwort darauf könnte nur eine prospektive Untersuchung erbringen.

Richtlinie Zervixkarzinom-Screening – 2015

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DGPFG-Stellungnahme
Richtlinie Zervixkarzinom-Screening
15.10.2015

Änderung der Krebsfrüherkennung-Richtlinie: Zervixkarzinom – Screening

Berlin, 15. Oktober 2015

Grundsätzlich begrüßen wir eine Änderung des bisherigen Systems der Krebsfrüherkennung mit der Einbeziehung evidenzbasierter Verfahren (HPV-Diagnostik) und der Einführung eines organisierten Screenings, wie es in den Europäischen Leitlinien von 2007 vorgesehen ist und unterstützen das damit verfolgte Ziel, die Teilnahmerate an der Krebsfrüherkennungsuntersuchung zu verbessern und die Rate sowohl an Neuerkrankungen als auch an Sterbefällen am Zervixkarzinom zu senken.

Ebenso halten wir die ausdrückliche Beibehaltung des Anspruchs auf eine jährliche klinische Untersuchung für wichtig, da sich gezeigt hat, dass viele Frauen diese Konsultation auch für die Beratung zu weiteren Anliegen ( Empfängnisregelung, Klimakterium, Angebote der Prävention) nutzen und die Chance besteht, auch psychosoziale Belastungsfaktoren zu erfassen.

Kritisch sehen wir, dass grundlegende Fragen offen bleiben aufgrund fehlender Daten zur subjektiven Belastung und gesundheitsbezogenen Lebensqualität durch die Umstellung des Screeningsystems und dass damit auch nicht gewährleistet ist, das selbstgesteckte Ziel zu erreichen.

Alle drei Beschlussfassungen haben als Ziel benannt, neben der Senkung der Neuerkrankungen an invasiven Zervixkarzinomen und der Zervixkarzinomsterblichkeit, sowie der Entdeckung von Zervixkarzinomen in einem möglichst frühen Stadium, „gleichzeitig eine Minimierung der Belastungen, die mit einem Früherkennungsprogramm verbunden sein können, zu gewährleisten“ (z. B. unnötige Sorge durch falsch-positive Befunde, Gefahr der Überdiagnose und Übertherapie, Gefahr der Scheinsicherheit bzw. Gefährdung durch falsch-negative Befunde, Ungewissheit während der Wartezeiten auf Befundergebnisse sowie Risiken und Nebenwirkungen der Untersuchungen selbst.)

Ebenso haben alle drei Gremien in ihren Beschlussfassungen wie folgt darauf hingewiesen:

„Keine der Studien lieferte auswertbare Daten zu den patientenrelevanten 4 Endpunkten Gesamtüberleben, krankheitsspezifische Mortalität, unerwünschte Folgen der Screeningstrategie und Veränderung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität“ 

Damit ist die Erfüllung des Zieles „Minimierung der Belastungen“ mit dem jetzt beschlossenen Vorgehen nicht gewährleistet, da zu deren Einschätzung keinerlei objektive Daten vorliegen. Über diese soll jedoch neutral und umfassend aufgeklärt werden, sie sind wichtiger Inhalt der ärztlichen Beratung und damit Voraussetzung für die Entscheidung der Frau über die Inanspruchnahme und über ihre Wahl des geplanten Screeningverfahrens – mit nachhaltiger Auswirkung auf ihre Gesundheit und die gesundheitsbezogene Lebensqualität.

Aus unserer Sicht wäre die Durchführung von Pilotprojekten vor einer flächendeckenden Umstellung des Screeningverfahrens notwendig gewesen, um diese Belastungen zu evaluieren, wie bereits von anderer Seite angemahnt wurde. (1)

Angesichts des jetzigen Standes der Beschlussfassungen, der solches Vorgehen nicht vorsieht, sehen wir für sowohl für die Beratung als auch für die Evaluation nur noch folgende Änderungsmöglichkeiten – diese jedoch als sehr dringlich an:

1. Stärkung des Stellenwertes einer individuellen ärztlichen Beratung sowohl vor der Entscheidung zum Monitoring als auch bei allen auffälligen Befunden. 

2. Begleitende Evaluation zur Erfassung der Belastungen und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität unter Einbeziehung der Patientinnen 

Begründung:

  1. Hinsichtlich des hohen Stellenwertes der in allen Beschlussfassungen geforderten umfassenden Aufklärung der Frau als Grundlage für ihre Entscheidung über die Screening-strategie (HPV- Test oder jährliche Zytologie) bleiben zu viele wichtige Fragen offen, die zu erheblichen Unsicherheiten führen können und die geforderte Neutralität der Beratungs-inhalte nicht gewährleisten. Unsicherheiten betreffen dabei nicht nur die zu beratenden Frauen, sondern gelten ebenso für die beratenden Ärztinnen und Ärzte; es ist absehbar, dass diese zu Lücken und Fehlinformationen führen können.Umso wichtiger wird damit die gemeinsame Klärung des individuellen Risikos der Frau für die Entstehung eines Zervixkarzinoms aufgrund ihrer gesundheitlichen, partnerschaftlichen und psychosozialen Lebenssituation durch Patientin und Arzt/ Ärztin in einem patientinnenzentrierten Beratungsprozess, der bedarfsweise auch mehrere Gespräche umfassen kann.Diese Beratung muss sowohl vom zeitlichen als auch honorarmäßigen Aufwand her angemessen gewährleistet sein.Ziel der Aufklärung soll die informierte Entscheidung der Patientin sein zur Wahl eines Screeningverfahrens (Zytologie allein oder HPV-Test), welches für 5 Jahre dann alternativlos festgelegt wird. Es ist bekannt und durch Untersuchungen belegt, dass die partizipative Entscheidungsfindung als gemeinsame Entscheidung mit dem Arzt/ der Ärztin von den meisten PatientInnen ausdrücklich gewünscht und wahrgenommen wird. (2,3).Angesichts differierender Angaben für falsch negative HPV-Befunde (4) – besonders für Adenocarcinome- ist eine sichere Grundlage für die Aufklärung über Vor- und Nachteile beider Verfahren und deren mögliche Auswirkungen derzeit aus unserer Sicht nicht ausreichend gegeben und eine informierte Entscheidung der Patientin daher fraglich. Die Gefahr ist damit groß, dass die ärztliche Favorisierung eines Verfahrens – bewusst oder unbewusst- vom Arzt/ Ärztin vermittelt und von der Patientin übernommen wird bzw. ihre Entscheidung unverhältnismäßig beeinflusst.Ebenso besteht eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich das geplante Monitoring in seiner Durchführung und Aussage, welche Screeningstrategie hier in Deutschland eine tatsächliche Verbesserung des jetzigen Systems darstellt, als nicht effektiv erweist: bisher haben Frauen den HPV- Test als Zusatzdiagnostik im Zusammenhang mit auffälligen zytologischen Befunden und deren Abklärung vermittelt bekommen oder als fakultative Empfehlung (4) zur erhöhten Sicherheit als zusätzliche Selbstzahler-Leistung (IGEL). Ob und wie die jetzt geplant alternativlose Entscheidung für eine der beiden Screeningverfahren ohne zwischenzeitlich möglichen Wechsel über 5 Jahre von den Frauen akzeptiert und umgesetzt wird, ist weitgehend offen.Es ist sehr wahrscheinlich, dass Frauen weiterhin zusätzlich zum gewählten Screeningverfahren das jeweils andere Verfahren als individuelle Gesundheitsleistung in Anspruch nehmen und damit das Monitoring in seiner Aussage fragwürdig wird.
  2. Der positive Nachweis eines HPV-Befundes als eine sexuell übertragene und übertragbare Infektion bedeutet direkter und stärker als die Mitteilung eines auffälligen zytopathologischen Befundes einen Eingriff in das psychosexuelle Erleben der Frau und in die Paarbeziehung mit möglichen negativen Auswirkungen (6). Diese Befundvermittlung bedarf daher einer ausführlichen, einfühlsamen, patientinnenzentrierten Kommunikation, um Ängste und Irritationen sowie mögliche Partnerschaftskonflikte zu verhindern.Es ist vorstellbar, dass hinsichtlich der bisher in Studien ermittelten und prognostizierten höheren Nachweisrate an HPV-Infektionen gegenüber auffälligen zytomorphologischen Befunden (7 ) die Befundmitteilungen zumindest in der ersten Screeningrunde zu häufigeren Irritationen führen – und damit Belastungen nicht vermindert sondern möglicherweise verstärkt werdenDie individuelle ärztliche Aufklärung auf der Basis einer vertrauensvollen Arzt-Patientinnen-Beziehung ist gerade bei abklärungsbedürftigen Befunden daher unbedingt notwendig und darf nicht schriftlichen Befundmitteilungen überlassen werden.


Ansprechpartnerin
Dr. med. Claudia Schumann
T +49 5551 4774

 

Ansprechpartnerin

Dr. med. Claudia Schumann
T +49 5551 4774

 

Literatur

  1. Brief der AKF-Gynäkologinnen an den GBA vom 06.10.2015 www.akf-info.de
  2. Walter U, Dreier M (2014). Das Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz: Ein Schritt zur informierten Entscheidung? In: Gesundheitsmonitor 2014. Böcken J, Braun B, Meierjürgen R (Eds.) Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung 12-27.
    Link: Gesundheitsmonitor.pdf
  3. Ziele‐Papier 1: „Inanspruchnahme Krebsfrüherkennung“, Handlungsfeld 1 „Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung“ des Nationalen Krebsplans, 2010
  4. Dominik, S., Klimas, D: .Wie sicher ist der HPV-Test in der Praxis? Frauenarzt 55 (2014) Nr.10, 986-989
  5. Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. ( 2008): Interdisziplinäre S2k-Leitlinie für die Prävention, Diagnostik und Therapie der HPV-Infektion und präinvasiver Läsionen des weiblichen Genitale AWMF 015/027
  6. Kirsten McCaffery et al., Testing positive for human papillomavirus in routine cervical screening:examination.of psychosocial impact;
    http://onlinelibrary.wiley.com
  7. http://www.medizin-management-verband.de/pdf/medizin-management-preis- 2014/C_DeutscheBKK-KlinikumWolfsburg_Anlage.pdf, S11, Abb.1

Slide DGPFG-Stellungnahme Richtlinie Zervixkarzinom-Screening

Artikel des Monats Juni 2016

Artikel des Monats Juni 2016

vorgestellt von Prof. Dr. med. Matthias David

Smarandache A et al. Predictors of a negative labour and birth experience based on a national survey of Canadian women.
BMC Pregnancy and Childbirth (2016) 16:114 DOI 10.1186/s12884-016-0903-2

Die vorliegende Studie basiert auf Telefoninterviews, wobei mit den meisten Studienteilnehmerinnen 5 bis 9 Monate postpartum gesprochen wurde. Es wurden 300 Fragen rund um den Zeitraum Schwangerschaft, Geburt und Postpartalperiode beantwortet. Eine negative Geburtserfahrung hat deutlichen Einfluss auf das Wohlbefinden und weitere Entscheidungen der Mutter im Hinblick auf nachfolgende Schwangerschaften. Von den 6.421 befragten kanadischen Frauen berichteten 9,3 % über negative Geburtserfahrungen. Faktoren mit signifikant negativem Einfluss waren höheres Lebensalter, Gewalterfahrung in den zwei Jahren vor der Entbindung, selbst eingeschätzter schlechter Gesundheitsstatus, ungewollte Schwangerschaft, Entbindung per Kaiserschnitt, Verlegung des Kindes in eine Kinderklinik bzw. eine neonatologische Intensivstation und die Teilnahme an einem Geburtsvorbereitungskurs.

Eine negative Geburtserfahrung kann sich, so zeigen andere Studien, die in der Arbeit zitiert werden, auf die Gesundheit der betroffenen Frau und die Entwicklung ihrer Kinder ungünstig auswirken. Frauen mit negativen Geburtserfahrungen wiesen ein längeres Intervall bis zur nächsten Schwangerschaft bzw. Geburt gegenüber Frauen mit positiver Geburtserfahrung auf.

Die Ergebnisse der hier dargestellten Studie sind wichtig für die Erstellung von Empfehlungen für Präventions- und Interventionsprogramme rund um die Schwangerschaft – dies gilt u. a. angesichts der steigenden Schwangerschaftsrate (auch in Kanada).

Die Risikofaktoren sind identifiziert. Die Autoren meinen, dass nun die Fragen, wie und warum diese die Geburtserfahrung negativ beeinflussen, zu beantworten sind. Dafür sind nach Meinung der kanadischen Autorenteams aus Toronto vor allem qualitative Methoden (ausführliche leitfadengestützte Interviews mit den Müttern) gut geeignet.

Prof. Dr. med. Matthias David

Gyne 05/2016 – Psychosomatische Aspekte der Verhütung

Gyne 05/2016
Psychosomatische Aspekte der Verhütung

Autorin: Dr. med. Dorothea Schuster

 

Bei Einführung der Pille vor weit über 50 Jahren setzte eine rege Forschungstätigkeit zu psychosomatischen Aspekten der neuen Kontrazeption ein: erhoffte und befürchtete Einflüsse der Pille auf Körperwahrnehmung, Sexualität, Partnerschaft und Fertilität wurden detailliert untersucht und beschrieben.

Obwohl Antikonzeptiva seitdem quantitativ und qualitativ eine überwältigende Entwicklung und Differenzierung erfahren haben,  ist die Erforschung von ihren psychosomatischen Aspekten nicht wesentlich weitergegangen;  so existieren beispielsweise zu Auswirkungen der neuen Langzeitmethoden (Hormonimplantate, Langzyklus, Hormonspirale) auf Sexualität, Partnerschaft und Körperwahrnehmung kaum Untersuchungen.

Die in den früheren Arbeiten ursprünglich beschriebenen psychosomatischen Aspekte sind jedoch auch bei der Anwendung  heutiger Antikonzeptiva weiter präsent – wahrnehmbar sind sie  in der Verhütungsberatung mit dem Wissen darum und entsprechender Aufmerksamkeit. Diese setzt sowohl Zeit für die Beratung  als auch Sensibilität und respektvolle Neugier voraus. Die Beachtung der psychosomatischen Aspekte von Kontrazeption und ihre Einbeziehung in die Verhütungsberatung kann die Zufriedenheit sowohl für die ratsuchenden Frauen und Paare als auch für die beratenden ÄrztInnen  deutlich steigern und ebenso die Effektivität der Verhütung verbessern.

In den vergangenen Monaten hat die Pille mehrfach unverhoffte Aufmerksamkeit erhalten: Zum Einen durch die rezeptfreie Freigabe der „Pille danach“ und die im Vorfeld geführten kontroversen, heftig und teils auch ideologisch gefärbten Diskussionen um das PRO und CONTRA, zum Anderen durch öffentlichkeitswirksame Berichte über juristische Klagen von jungen Frau nach  erfolgten Lungenembolien, ausgelöst durch Thrombose-Ereignisse  unter  der Pilleneinnahme [1–3].

Nicht nur in der gynäkologischen Fachliteratur sondern auch in der allgemeinen Presse und  allen Medien ist dadurch das Bewusstsein für die Pille als potentes Medikament mit Wirkungen und Nebenwirkungen nach langer Zeit wieder einmal  deutlich gestiegen.

Das bedeutet Chance und Risiko zugleich.

Die Anforderungen und Richtlinien zur verbesserten Aufklärung vor der erstmaligen  und auch bei wiederholter Pillenverschreibung sind in den letzten Monaten konkretisiert und deutlich verschärft worden [4, 5]; eine  neue S3-Leitlinie der AWMF zur Kontrazeption ist in Arbeit und soll bis Ende 2016 verabschiedet werden. In der gynäkologischen Sprechstunde ist die Verunsicherung spürbar:  Die Nachfragen der Frauen zur Pille als potentielles oder aktuelles Risiko haben sich erheblich verstärkt. Auch die Fragen nach hormonfreien Verhütungsalternativen tauchen deutlich häufiger auf als zuvor – oft verbunden mit dem Wunsch nach ausführlicher Beratung und persönlicher Stellungnahme des Arztes/der Ärztin zum Risiko der Hormone.

Unter dem Druck auf ärztlicher Seite, sich vor möglichen juristischen Konsequenzen jetzt durch eine detaillierte  (möglichst schriftliche) Aufklärung mit Gegenzeichnung der Patientin abzusichern  und mit dem Blick auf die zusätzlich notwendige und meist aufwendige „Schadensbegrenzung“ durch neutrale Aufklärung  und Angstabbau  besteht die Gefahr,  die Pille nun vorrangig als Risiko zu thematisieren.  Die Compliance der Frau zur Einnahme kann damit möglicherweise in Frage gestellt  werden und andere wichtige Aspekte der Verhütung  völlig aus dem Blick verloren gehen [6].

Vor allem aber  geraten sowohl für die Frau mit ihrem Verhütungsanliegen als auch für den beratenden Frauenarzt/die Frauenärztin  die positiven Aspekte einer Verhütungsberatung, die als Ziel doch eigentlich angstfrei und lustvoll erlebte Sexualität hat,  aus dem Blickfeld.

Dabei ist die Verhütungsberatung neben der gynäkologischen Krebsfrüherkennung, der Mutterschaftsvorsorge und dem eher begrenzten Spektrum der kurativen Behandlungen ein Hauptteil unserer täglichen Arbeit in der frauenärztlichen Praxis und ein nach wie vor schönes und abwechslungsreiches Arbeitsfeld – sofern man die Frau in ihrer individuellen  Persönlichkeit wahrnimmt und im lebenslangen Spannungsfeld „Fruchtbarkeit“ über lange Zeit hin begleitet. Dafür ist das Wissen um psychosomatische Zusammenhänge und Hintergründe hilfreich, ihre Berücksichtigung und ihre Einbeziehung in die Beratung wichtig [7, 8].

Fallbeispiel

Vor mir sitzt Ellena, eine 33jährige junge Frau; sie ist schon lange meine Patientin. Vor drei Jahren gab es bereits ein intensives Gespräch zur Verhütung, als sie – ausgelöst durch verschiedene Nebenwirkungen wie Brustspannen, Zwischenblutungen und Kopfschmerzen in der Pillenpause – ein Präparatewechsel wünschte. Meine damalige  Fragehinsichtlich ihrer Familienplanung beantwortete sie positiv mit dem grundsätzlichen Wunsch nach Kindern, aber aktuell sei das aufgrund der noch nicht ausreichend gefestigten Partnerschaft mit dem etwas jüngeren Freund für beide noch kein Thema.

Heute berichtet sie, dass sie im  vergangenen Jahr die Pille einfach mal abgesetzt habe, da „die vielen Hormone über die langen Jahre doch nicht so gut sind, schließlich nehme ich   schon seit meinem  16. Lebensjahr die Pille…“ Ellena fand es in der Folge auch spannend, den Zyklus mit seinen körperlich spürbaren Veränderungen zum vermuteten Zeitpunkt des Eisprungs  zu beobachten und wunderte sich darüber, dass die Blutung auch ohne Pille weiter regelmäßig kam.  Auf meine Frage nach dem Grund der nun kürzlich wieder begonnenen Pilleneinnahme gab sie ihre große Angst vor einer Schwangerschaft an; so richtig sicher habe sie sich mit dem Kondom doch nicht gefühlt. Denn auch jetzt habe sie ganz sicher noch keinen Kinderwunsch. Auf meine weitere Frage, was denn für diesen nötig sei, wenn sie doch überhaupt Kinder haben möchte, kam die Antwort:  „Ich höre es noch nicht ticken“… ein Satz, den ich so wörtlich oder ähnlich nicht zum ersten Mal in Gesprächen zur Familienplanung höre.

Zur Pilleneinnahme war sie weiter im Zweifel, ob diese die richtige Verhütung für sie sei; aber die aufgezeigten Alternativen wie Nuva-Ring oder IUD fanden auch nicht mehr Akzeptanz hinsichtlich der möglichen Verträglichkeit als die Pille, bei der sie nun doch vorläufig bleiben wollte. 

So bin ich gespannt auf das nächste Jahr, wenn bei der Krebsfrüherkennungsuntersuchung mit Sicherheit das gleiche Thema „Verhütung: JA  oder NEIN, WIE und WANN nicht mehr?“ erneut zur Sprache kommt. 

Das Konzept vom ambivalenten Kinderwunsch liegt dem psychosomatischen Verständnis vieler Vorgänge im Spannungsfeld der Fruchtbarkeit zugrunde [9, 10]. Gemeint ist damit ein Ambivalenzkonflikt zwischen der erhofften Bereicherung der eigenen Identität durch ein Kind, dem Zugewinn an Kompetenz, Lebenserfahrung und Selbstbestätigung einerseits und der Aufgabe von Autonomie und eigener Freiheit, der Zunahme von Abhängigkeit und regressiven Bedürfnissen andererseits.

Diese Ambivalenz tritt nicht erst beim Kinderwunsch, bei der Erwartung einer  Schwangerschaft oder mit ihrem Eintritt auf, sondern kann  sich bereits in der Familienplanung bemerkbar machen, sie kann sich ebenso in der Schwangerschaft und im Wochenbett fortsetzen und bis zu Störungen mit Krankheitswert führen.

Mögliche Erscheinungsformen des Ambivalenzkonfliktes bei der Verhütung sind:

  • häufige Verhütungsfehler ( z.B. Vergessen der Pille)
  • Unverträglichkeit  verschiedener Antikonzeptiva
  • Unzufriedenheit mit allen Kontrazeptiva
  • wechselnde Nebenwirkungen auch bei sehr unterschiedlichen kontrazeptiven Methoden

Mit der Einführung der „Pille“ vor nunmehr fast 60 Jahren setzte eine rege psychosomatische Forschungstätigkeit zur Verhütung ein, die hauptsächlich von Psychiatern geleistet wurde und sich vorrangig mit den psychosexuellen Auswirkungen der Pille beschäftigte [11–13].

Interessant ist ein Blick zurück in diese Arbeiten der 60er und 70er Jahre nicht nur deshalb, weil es seitdem kaum weitere Forschungstätigkeit zu psychosomatischen Aspekten der Verhütung gibt; die damals beobachteten Auswirkungen liegen auch nicht weit entfernt von denen, die sich heute unverändert der aufmerksamen Wahrnehmung bieten.

Positive psychische Veränderungen

Der Wegfall der Schwangerschaftsangst  ist auch in der Gegenwart noch die Haupt-motivation zur Anwendung  und ein wichtiges Motiv zur langjährigen Fortführung der Pilleneinnahme; kann sie doch eine nachhaltige  Verbesserung der Sexualität bewirken. Dies gilt für die sexuelle Erlebnisfähigkeit ebenso wie für eine mögliche Steigerung der sexuellen Aktivität und trägt damit auch zur  allgemeinen Zufriedenheit in der Partnerschaft bei [14].

Welche erhebliche Erleichterung und Entlastung von der Schwangerschaftsangst die Einführung der Pille zu Beginn der 60er Jahre darstellte, ist uns heute – angesichts der fast unüberschaubaren Zahl an Pillenpräparaten und vieler weiterer sicherer Verhütungsmittel (IUD, Nuva-Ring, Verhütungspflaster, Depotpräparate)  mit freier Verfügbarkeit für nahezu jedes Lebensalter – sicher nur noch bedingt nachvollziehbar. Spürbar wird diese Angst aber durchaus noch beim Gespräch über das Absetzen der Ovulationshemmer beispielsweise beim Eintritt des Klimakteriums, wenn auch jenseits eines nachvollziehbaren Schwangerschaftsrisikos das „Aufgeben“ dieser sicheren Verhütung mit vielen Bedenken verbunden ist und oft länger vorbereitender Gespräche bedarf.

Ein allgemein verbessertes Wohlbefinden unter der Pille; das dabei nicht selten als Grund für die weiter gewünschte Einnahme angegeben wird, wurde bereits in den früheren Arbeiten  beschrieben und auch danach weiter beobachtet [15].

Angstphänomene

Die Einnahme von Hormonen  bedeutet eine Auseinandersetzung mit der eigenen Geschlechtlichkeit und sexuellen Identität und kann Ängste auslösen. Besonders zu Beginn der Pilleneinnahme  auftretende Stimmungsschwankungen (erhöhte Reizbarkeit, Gleichgültigkeit, Depressivität) können darauf hinweisen. Bereits 1969 wurden diese Symptome von Petersen [13] als „dysphorisch-antriebsschwaches Syndrom“  beschrieben; welches besonders bei unsicherer Identität zu beobachten sei und bis zum Identitätsverlust führen könne [11, 12].

Die gegenwärtig in der Sprechstunde häufiger erlebte Ablehnung hormoneller Verhütungsmethoden – auch bei jahrelanger unkomplizierter Verträglichkeit – kann ebenso wie ihre strikte Ablehnung bei gleichzeitig hohem Anspruch an die Sicherheit der Verhütung als  Hinweis auf unbewusste Ängste vor Fremdbestimmung durch die Hormoneinnahme verstanden werden.

„Ich möchte wieder Herrin über meinen Hormonhaushalt sein“, so das aktuelle Zitat einer 25-jährigen Frau, die sich nach längerer problemloser Pilleneinnahme für die Verhütung mit Kondom entschieden hatte.

Funktionelle Sexualstörung

Hintergrund für Sexualstörungen, besonders für den Libidoverlust, kann die Schwierigkeit sein, durch eine sichere Antikonzeption die Trennung von Sexualität und Fruchtbarkeit zu vollziehen. Verhütung setzt eine bewusste Entscheidung der Anwenderin zu dieser Trennung  voraus; dass die bewusste Kontrolle der Fruchtbarkeit und der Umgang mit den ambivalenten Gefühlen dabei eine Überforderung für nicht wenige Frauen bedeutet, wissen wir. Ebenso ist bekannt, dass die Fähigkeit zur Bewältigung dieses Ambivalenzkonfliktes stark von der persönlichen Lebensgeschichte und psychosexuellen Entwicklung der Frau abhängt, von der individuellen Bedeutung der Fruchtbarkeit für sie und ebenso von der Art und Qualität ihrer Partnerschaft und damit verbunden von der sexuellen Beziehung [11].

Anpassungsstörungen und Somatische Beschwerden

  • Kopfschmerzen, Migräne
  • Gewichtszunahme, Gefühl des Aufgedunsenseins
  • Brustschmerzen und –spannen
  • Übelkeit
  • Kreislaufstörungen

Diese Symptome gehören zu den am meisten geäußerten Nebenwirkungen in der Sprechstunde – und ebenso zu den häufigsten Befürchtungen, die bereits im Vorgespräch vor der Verordnung  von Ovulationshemmern angesprochen werden sollten, nicht zuletzt um auch den „Nocebo-Effekt“ des Beipackzettels oder anderer Informationen, bei jungen Mädchen besonders durch Peer-Groups, zu korrigieren.

Spannend sind einige Hypothesen, die aus den Ergebnissen der früheren Forschungen abgeleitet wurden [11, 12], aber durchaus auch heute noch Gültigkeit haben [16]:

  • Im antikonzeptiven Verhalten spiegelt sich die Einstellung zur Sexualität überhaupt wider
  • Der positive Einfluss der Pille ist eher ihrer Bedeutung zu verdanken als ihrer bio-chemischen Zusammensetzung
  • Die Genese der affektiven Nebenwirkungen ist sowohl endokrin bedingt (mehr Nebenwirkungen bei höherem Gestagenanteil) als auch psychosozial
  • Ein Plazeboeffekt der Hormone besteht hinsichtlich ihrer positiven Wirkungen als auch ihrer Nebenwirkungen

Obwohl in den vergangenen Jahrzehnten eine enorme Verbesserung und Differenzierung der Verhütungsmittel und -methoden erfolgte , die sich im deutlich verbesserten Verhütungsverhalten niederschlägt [17-20] und eigentlich eine geringere Rate  von Nebenwirkungen erwarten lassen , sind die in den früheren Untersuchungen beschriebenen Auswirkungen auf Psyche, Sexualität und körperliche Nebenwirkungen auch bei stark verringerten Hormondosen nahezu unverändert weiter zu beobachten und spiegeln sich in vielen Gründen für fehlendes oder unsicheres Verhütungsverhalten wider:

Faktoren bei Nichtanwendung [21] 

  • psychosoziale Erreichbarkeit
  • Reale und phantasierte Nebenwirkungen
  • Unterschätzung der Unannehmlichkeit aller Verhütungsmethoden
  • Psychologische Ursachen für Nichtanwendung
    • Bindungswunsch
    • Verleugnung der Realität einer Schwangerschaft
    • Liebe 
    • Sexueller Identitätskonflikt
    • Schuldgefühle/Scham
    • Nihilismus
    • Iatrogenese

Faktoren bei Nichtanwendung [21] 

  • psychosoziale Erreichbarkeit
  • Reale und phantasierte Nebenwirkungen
  • Unterschätzung der Unannehmlichkeit aller Verhütungsmethoden
  • Psychologische Ursachen für Nichtanwendung
    • Bindungswunsch
    • Verleugnung der Realität einer Schwangerschaft
    • Liebe 
    • Sexueller Identitätskonflikt
    • Schuldgefühle/Scham
    • Nihilismus
    • Iatrogenese

Nach wie vor werden Fragen, Ängste und Unsicherheiten zum Einfluss der Kontrazeptiva auch heute von unseren Patientinnen an uns herangetragen. Und nach wie vor wirkt sich Ambivalenz als Grundkonflikt der Trennung  von Sexualität und Fruchtbarkeit als Hindernis für eine rundum konsequente Verhütung aus: Ein großer Teil der Schwangerschaften tritt weiterhin ungeplant ein und auch die beschriebenen Nebenwirkungen treten weiter auf [22, 23].

Hinsichtlich der Langzeitkontrazeptiva, die aktuell verstärkt beworben werden, wäre es interessant, ihre Auswirkungen auf Zyklusverständnis, Kinderwunsch und Sexualität zu untersuchen, denn in der Sprechstunde ist die Unsicherheit im Umgang mit physiologischen Zyklusabläufen (Ovulationsschmerz, Veränderung des Cervixschleims) nicht selten Thema und Anlass für eine gewünschte ärztliche Beratung und Untersuchung wegen befürchteter krankhafter Prozesse.

Wichtige Veränderungen der Verhütung, die sich in den  vergangenen Jahrzehnten ergeben haben, möchte ich hier als Thesen vorstellen [8]:

  • Der Bedeutungsgehalt der Pille und anderer hormoneller Antikonzeptiva hat sich  in Richtung Lifestyle-Medikament mit der Folge selbstverständlicher Einnahme bzw. Anwendung auch ohne aktuellen Verhütungsbedarf verändert.
  • Der Umgang mit Fruchtbarkeit und Verhütung ist – durch die Entwicklung von Methoden, die keine oder nur eine geringe Compliance fordern – einfacher, instrumenteller und rationaler geworden; er bedingt aber auch neue Unsicherheiten im Umgang mit dem Zyklus.
  • Die Wahlfreiheit des Kinderwunsches kann zum Planungszwang werden – mit der Folge, dass aus temporär gewollter Kinderlosigkeit nicht selten eine andauernd ungewollte wird.
  • Die psychosomatische Verhütungsberatung ist ein wichtiger Aspekt zur Förderung der Compliance und damit zur Verbesserung der kontrazeptiven Sicherheit; sie trägt außerdem zur beiderseitigen Zufriedenheit von Patientin und Arzt/Ärztin bei.

Der Hinweis auf die Bedeutung der Arzt-Patienten-Beziehung für die Compliance  und die Forderung nach einer besseren Beratung und Betreuung ist nicht neu [6, 24].

Das Verständnis einer solchen Beratung geht über die reine Information und die Aufklärung zu Vor- und Nachteilen der Methoden, zu Anwendungsdetails, Risiken und Nebenwirkungen  hinaus.  Hilfreich als Grundlage für jede Beratung ist das Material der BzgA als Print- und Onlineausgabe [25], das die Beratung zeitlich und inhaltlich entlastet und in keiner Praxis fehlen sollte, die persönliche ärztliche Beratung aber nicht ersetzt.

Aufgaben in der Psychosomatischen Verhütungsberatung

Lotse – Informationsfilter und -führer

 

Voraussetzungen sind dafürKenntnisse über alle Kontrazeptiva und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile sowie die Fähigkeit zur patientenzentrierten Kommunikation zur Vermittlung von Informationen.

Nach einer Repräsentativbefragung der BzgA aus dem Jahre 2003 [17] zum Verhütungsverhalten Erwachsener wurde bei der Frage, über welche Personen oder Medien die Befragten am liebsten weitere Informationen zur Empfängnisverhütung erhalten würden, an erster Stelle  (mit 69 %) der Arzt/die Ärztin genannt; von Frauen etwas mehr als von Männern. Erst an 5. Stelle wurde das Internet und  völlig abgeschlagen die Gespräche mit Freunden und Verwandten genannt. Diesen Vertrauensvorschuss gilt es zu nutzen.

Der  Wissenszuwachs  und  die  Informationsflut  zum Thema „Verhütung“ seit  Einführung der Pille 1960  ist nahezu unüberschaubar. Heute stehen unzählig viele Präparate unterschiedlicher Zusammensetzung und Dosierung zur Verfügung, von Generika mit fast täglich neu auftauchenden Namen und unterschiedlichen Preisen bei gleicher Zusammensetzung ganz zu schweigen; auch für Fachleute ist es da nicht mehr selbstverständlich, den Überblick zu behalten.

Wieviel stärker Patientinnen sich in dieser Informationsflut zurechtfinden müssen und im Angebot von Internet, Orientierungen in Peer-groups, Ansprachen durch Pharmafirmen etc.  Orientierung und Informationskanalisierung benötigen und wünschen, drückt die oben beschriebene Vertrauensfrage nach der primären Ansprechperson aus, die offensichtlich für die meisten nach wie vor der Frauenarzt /die Frauenärztin ist.

Für Beratungen zur Kontrazeption fehlen bisher evidencebasierte Leitlinien, die für andere Fachgebiete selbstverständlich sind [26]. So spielen offensichtlich persönliche Erfahrungen der Berater – und damit auch ihr Sozialstatus – eine größere Rolle bei der Empfehlung und Verschreibung von Antikonzeptiva als gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse, wie eine Schweizer Studie belegt [27]. Nicht zuletzt hängt die Verordnung aber auch von den sehr unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der Patientin ab.

Beratung zur Verhütung braucht aber auch Zeit, um die Vorstellungen der Patientin, ihren Wissensstand und  ihre „innere Informations-Datenbank“ kennenzulernen. Verhütung ist nicht nur ein Wissens- sondern auch Verhaltenslernen, also z.B. für junge Frauen zu lernen, regelmäßig täglich die Pille einzunehmen [24]. Ebenso ist es wichtig, Informationen sachlich-korrekt in die Vorstellung der individuellen Frau  einzuordnen, denn Fehlinformationen, falsch verstandenes und Halbwissen sind gerade hier weit verbreitet, rationale Argumente und irrationale Befürchtungen oft vermischt („eingewachsene Spirale“, „TROPIS“ : Schwangerschaften trotz regelmäßiger Pilleneinnahme“, kontrazeptive Sicherheit  in der postmenstruellen Phase etc.).

Und auch eine immer detailliertere Aufklärung  trägt nicht in jedem Fall zur Verbesserung der Compliance bei: Dabei ist an die Paradoxie der Bewerbung der Pille als Lifestylemedikament einerseits und Ausmaß und Inhalt jedes Beipackzettels eines Ovulationshemmers andererseits zu denken.

Korrektiv (individuell und gesellschaftlich)

Voraussetzung hierfür ist die Reflexion eigener Einstellungen zu Sexualität, Fruchtbarkeit und Kontrazeption.

Haben wir als Frauenärzte/-innen auch korrektive Aufgaben in der Verhütungsberatung?  Steht es uns zu oder ist es sogar unsere Aufgabe, Lebensvorstellungen und Planungen unserer Patientinnen zu thematisieren, geäußerte Zwänge zu hinterfragen und damit Mitgestalter sowohl an der individuellen Lebensplanung der Frau als auch am demografischen Wandel der Gesellschaft zu sein, wie in der langen Geschichte der Empfängnisverhütung immer wieder einmal vermutet, gefordert oder auch befürchtet wurde [14]?

Vor längerer Zeit thematisierte  Gerda Enderer-Steinfort [28] kritisch und sarkastisch unseren ärztlich-blinden Fleck bei der heutigen Verhütungsberatung als gedankenlose und unreflektierte Erfüllungsgehilfen, wenn wir den Wunsch der Patientin nach absolut sicherer Verhütung bis zum optimalen Zeitpunkt für das dann perfekt geplante Wunschkind  unhinterfragt durch die jahrelange unkommentierte Pillenverschreibung unterstützen. Die Gründe für das häufige und längere Aufschieben der ersten Schwangerschaft sind meist komplexer Natur [29]; sie erschließen sich kaum einer rationalen Argumentation oder kurzen Intervention „zwischen Tür und Angel“ während der Ausstellung eines Pillenrezeptes.

Die Frage ist jedoch berechtigt, welche Botschaft  mit dem Versprechen von optimaler Verhütungsplanung  heute transportiert wird und wie wir als beratende ÄrztInnen damit umgehen. Denn Verhütung heißt heute viel weniger eine bewusste Entscheidung gegen eine Schwangerschaft aus existentieller Notwendigkeit für eine begrenzte Lebenszeit, sondern vielmehr ein Instrument zur optimalen Lebensplanung – verbunden mit dem Paradigma von Autonomie und Freiheit. Wie schwer es offenbar ist, dieser Lebensvorstellung mit einer selbstbestimmten, eigenverantworteten Entscheidung bewusst Grenzen zu setzen, wird mitunter spürbar: Manja, eine 35-jährige Patientin benannte es so: „Als Frau hat man ein Instrument in der Hand, dass es einem erlaubt zu bestimmen, dass man schwanger wird – man verdrängt es oft“.

Das Verdrängen der existentiellen Dimension der Verhütung begegnet mir in der Sprechstunde nicht selten – und führt ebenfalls nicht selten zur Sprachlosigkeit zwischen den Partnern und dazu, dass der durchaus und grundsätzlich vorhandene Kinderwunsch unbestimmt und unbewusst über lange Zeit in der Schwebe gehalten wird. Mit der Sprachlosigkeit wird  für die Frau/das Paar eine Auseinandersetzung, aber auch eine Klärung der eigenen Lebensvorstellungen, der Verantwortung dafür und ihrer Grenzen vermieden. Sprachlos und damit unbenannt bleiben auch die Möglichkeiten zur Reifung an diesem Konflikt oder zum Wechsel der Perspektive mit dem Blick auf das Kind [30].

Grenzen sind notwendig zur Auseinandersetzung und Reifung. Für offensichtlich nicht wenige Frauen gilt die biologische Grenze für die Fruchtbarkeit mit 35 Jahren als erstmaliger Anlass, sich mit dem Kinderwunsch überhaupt auseinanderzusetzen (Zitat einer Patientin:

„Die Zeit bis 35 gönne ich mir“); wie wir wissen, hält solche Überschätzung von Fertilitätschancen der Wirklichkeit in vielen Fällen nicht stand.

Wir kennen sicher alle Frauen, die – langjährig in fester Beziehung und mit gesichertem Arbeitsverhältnis lebend – ihren bevorstehenden Kinderwunsch immer wieder einmal bei der Krebsfrüherkennungsuntersuchung thematisieren und erfragen, was an Vorbereitungen dazu sinnvoll und nötig ist, aber dann doch jährlich wieder das Pillenrezept mitnehmen und versichern, dass „es“  noch nicht soweit sei…

Die Fragen nach diesem „es“, nach dem vorgestellt richtigen Zeitpunkt für eine Schwangerschaft und danach, worauf eigentlich gewartet wird – mit respektvoller Neugier und Empathie von uns gestellt – kann die Sprachlosigkeit beenden. Mitunter werden die eigenen Ambivalenzen der Frau, andere Vorstellungen des Partners, tiefergreifende Partnerschaftskonflikte oder auch die Grenzen einer optimalen Lebensplanung und der ebenso begrenzt eigenen Verantwortung dafür erstmals bewusst und benannt.

Es ist spannend und braucht eine vertrauensvolle Beziehung, die Frage nach der Familienplanung in der Sprechstunde zu thematisieren und damit zu erfahren, wie individuell die einzelne Frau die Spannung zwischen Planung und Offenheit für sich erlebt und damit umgeht: nicht selten ist es das erste Mal, dass sie ihre eigene Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeit dabei überhaupt wahrnimmt und für sich reflektiert, so äußern es  nicht wenige Frauen selbst. (Zitat einer kinderlos gebliebenen Frau: „Ich habe mich nie gegen ein Kind entschieden; das Problem ist: ich habe mich nie bewusst dafür entschieden“)

Kaum einmal wird thematisiert – und auch diese Wahrnehmung gehört zur korrektiven Aufgabe innerhalb der Gesellschaft –, dass wir ohnehin nur den „privilegierten“ Teil der Frauen beraten, die sich Verhütung überhaupt leisten können und wollen – das betrifft nach meinem Verständnis nicht nur reale finanzielle, sondern auch bildungsmäßige Armut, also fehlende Teilhabe an der Gesellschaft und der eigenen Zukunftsgestaltung.

K. Leithner-Dziubas [21] spricht von „Nihilismus“ als einen Grund für fehlende Verhütung: Wenn Gefühle von Apathie, Hoffnungslosigkeit und realer Armut ohne Veränderungsmöglichkeiten überwiegen, fehlt der Versuch, ungewünschte Schwangerschaften überhaupt zu verhindern.

Junge schwangere Patientinnen und ihre Partner – beide arbeitslos, ohne beruflichen Abschluss und ohne Bildungs- oder Arbeitschancen (oder -willen) betreuen wir in der Praxis nicht selten: Verhütungsberatung mit Stärkung einer grundsätzlichen Motivation zur Antikonzeption ist hier unbedingte Notwendigkeit. Bedrückend ist und bleibt es, wenn – trotz sichtbarer Überforderung von beiden Partnern – nach mehr oder weniger kurzer Zeit erneut eine Schwangerschaft eingetreten ist, weil sichere Verhütung nicht genutzt wurde, nicht ausreichend zur Verfügung stand, oder als zu teuer erlebt wird. Letzteres betrifft auch den Sterilisationswunsch mancher Frau, die realistisch jede weitere Schwangerschaft als Überforderung für sich einschätzt und die irreversible Verhütung als sinnvollen Weg sieht; es gibt jedoch keinerlei finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten dafür oder auch für Verhütungsmittel überhaupt, während die Kostenerstattung für einen Schwangerschaftsabbruch erheblich großzügiger gehandhabt wird.

Die Forderung nach sicherer und kostenloser Verhütung für Frauen und Paare mit einem geringen Einkommen als Sicherung eines existenziellen Menschenrechtes, ist deshalb auch ein zutiefst psychosomatisches Anliegen und sollte unsererseits unterstützt werden.

Begleiter/-in  Gesprächspartner/-in und Vertrauensperson
Voraussetzung hierfür ist die Gesprächsbereitschaft der Patientin.

Wie befriedigend, schön und spannend es sein kann, in langjähriger Praxistätigkeit als niedergelassene Frauenärztin/Frauenarzt eine Patientin über viele Jahre hinweg in ihrer Fruchtbarkeit zu begleiten, durch freud- und leidvolle Zeiten, ist keine neue Erfahrung, sie sollte aber wieder einmal ins Bewusstsein geholt werden.

Es ist kein selbstverständlicher Vertrauensvorschuss, wenn uns Frauen durch die Verhütungsberatung Einblick in ihre jeweilige Lebens- und Beziehungssituation geben, uns Anteil nehmen lassen an ihren Vorstellungen von Sexualität und Familienplanung.

Und es ist auch unsererseits keine Selbstverständlichkeit, den damit verbundenen Erwartungen an uns immer gerecht zu werden. Gerade angesichts der immer weiter beschnittenen Ressourcen an Zeit für Gespräche und der fehlenden finanziellen Anerkennung für diese anspruchsvolle Beratungsaufgabe, ist es wichtig, eigene Sensibilität und Wertschätzung dafür zu stärken und einzufordern, um Zufriedenheit, einen inneren Freiraum  und Phantasie zu behalten: alles Dinge, die in der Verhütungsberatung auch einen Platz haben oder finden sollten.

Bereits vor Jahrzehnten hat Nijs [11] darauf hingewiesen, dass zur Erfüllung dieser Aufgabe der Verhütungsberatung  neben der Gesprächsbereitschaft seitens des Arztes/Ärztin eben auch Zeit und eine entsprechende Atmosphäre gehört – Faktoren, die mit vordergründiger Ausrichtung auf Wirtschaftlichkeit und Effektivität in unseren heutigen Sprechstunden schwer zu vereinbaren sind.

Viel mehr kommt es auf die Zwischentöne, das genaue Zuhören, auf Intimität, Gelassenheit, Geduld und auf das Erfassen und das passende Ansprechen des Nicht- Gesagten, das nonverbal mitschwingt, an.

Unsere Aufgabe ist es, die Patientin in ihren Überlegungen zur Verhütung wertfrei und akzeptierend wahrzunehmen und ihre Entscheidungen zu respektieren. Dazu gehört auch, sie gerade in widersprüchlichen Zeiten bezüglich der eigenen Fruchtbarkeit  zu verstehen,  Ambivalenzkonflikte mit auszuhalten und sie ihnen in angemessener und verständlicher Weise bewusst zu machen: Voraussetzung dazu ist, dass wir sie selbst erkennen und darüber hinaus die eigenen Ambivalenzen dazu reflektiert haben [7].

Wenn das gelingt, ist nicht nur die Verhütungsberatung wieder ein lustvoller Teil unserer Arbeit, sondern dieses Verständnis setzt sich in der Begleitung der Schwangerschaften – glücklich oder leidvoll – in der Geburtsvorbereitung, beim Übergang zur Elternschaft, bei Lebens- und Partnerschaftskonflikten, später auch beim Beginn des Klimakteriums, im Alter und ebenso bei schweren Erkrankungen und deren Begleitung fort.

„Antikonzeptives Councelling ist die Begleitung des Paares durch die ganze fruchtbare Lebensphase in der Gestalt einer langen Reihe von Kurzgesprächen“ [15].

Korrespondenzadresse

Dr. med. Dorothea Schuster
FÄ für Frauenheilkunde und Geburtshilfe / Psychotherapie
Frauenärztliche Gemeinschaftspraxis
Rudolf-Renner-Straße 37
01159 Dresden

Slide Gyne 05/2016 Psychosomatische Aspekte der Verhütung

Literaturverzeichnis

  1. http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/yasmin-klage-gegen-bayer-entfacht-streit-um-antibaby-pillen-a-933564.html
  2. https://www.spiegel.de/gesundheit/sex/antibabypille-yasminelle-31-jaehrige-verklagt-bayer-a- 1068186.html
  3. https://www.tagesschau.de/inland/antibabypille-klage-105.html
  4. http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2015-10/verhuetung-pille-antibabypille-thrombose-verordnung
  5.  www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/RHB/Archiv/2014/20140130.pdf
  6. Merkle, E. (2016): Update Kontrazeption. Frauenärztliche Beratungskompetenz wichtiger denn je. gynäkologie+geburtshilfe.2016; 21 (2)
  7. Schuster, D. (2005): Die Qual der Wahl – Von der Lust und dem Frust der täglichen Verhütung. In: Stöbel-Richter,Y.et al. (Hg.): Anspruch und Wirklichkeit in der psychosomatischen Gynäkologie und Geburtshilfe. Beiträge der Jahrestagung 2005 der DGPFG. Psychosozial. Gießen S.55–65
  8. Schuster, D. (2011): Psychosomatische Aspekte der Verhütung und ihre Wahrnehmung in der Verhütungsberatung. Vortrag: „Kontrazeption – Einfluss auf Körperwahrnehmung, Sexualität und Partnerschaft“, 1.Deutscher Verhütungskongress Wiesbaden, 01.04.2011
  9. Neises, M. (2000): Kontrazeption. In: Neises, M. u. Ditz,S. (Hg.) Psychosomatische Grundversorgung in der Frauenheilkunde.  Georg-Thieme. Stuttgart / New York, S.115
  10. Rosemeier, H.-P. (2001):  Zur Psychologie der Kontrazeption Frauenarzt  42, Nr. 10, S. 1120ff
  11. Nijs, P. (1972): Psychosomatische Aspekte der oralen Antikonzeption. Ferdinand-Enke, Stuttgart
  12. Petersen, P. (1969): Psychiatrische und psychologische Aspekte der Familienplanung bei oraler Kontrazeption. Eine psychiatrisch-endokrinologische und sozialpsychiatrische Untersuchung. Georg-Thieme, Stuttgart
  13. Petersen, P. (1981): Psychische Störungen bei hormonaler Kontrazeption der Frau. MMW, 123, Nr. 27, S. 1109–1112
  14. Jütte, R. (2003): Lust ohne Last. Geschichte der Empfängnisverhütung von der Antike bis zur Gegenwart, C.H. Beck, München
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  18. BzgA (2011): Verhütungsverhalten Erwachsener 2011 – Ergebnisse einer Repräsentativbefragung TNS Emnid Bielefeld im Auftrag der BzgA (Hrsg), Köln 2011
  19. Jugendsexualität. Wiederholungsbefragung von 14- bis 17-Jährigen und ihren Eltern
    Ergebnisse der Repräsentativbefragung aus 2007, Hrsg: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Köln, 2007
  20. Jugendsexualität. Wiederholungsbefragung von 14- bis 17-Jährigen und ihren Eltern
    Ergebnisse der Repräsentativbefragung aus 2010, Hrsg: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Köln, 2010
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  23. Seyler, H. (2004): Empfängnisverhütung oder : Selbstbestimmte Fruchtbarkeit
    In: Beckermann, M. J. u. Perl,F.M. (Hg.) Frauen-Heilkunde und Geburts-Hilfe. Integration von Evidence Based Medicine in eine frauenzentrierte Gynäkologie, Schwabe. Band 1, S. 825ff.
  24. Bitzer, J. (2010): Kontrazeption – von den Grundlagen zur Praxis. Ein kurzes Lehrbuch. Georg-Thieme-Verlag KG, Stuttgart, 2010.
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  26. AWMF-Leitlinien-Register Nr.15/015  „Empfängnisverhütung“. Leitlinien der DGGG (Stand 05/2008)
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  28. Enderer-Steinfort, G. (2008): Zentrales Problem: die perfekte Verhütung!
    Frauenarzt 49 (10), 892–894
  29. Kearney, A.L. et al. (2016): Examining the psychosocial determinants of women`s decisions to delay Childbearing. Human Reprod 2016, online 30. May
  30. Petersen, P. (1997): Vom Paradigma der Familienplanung zum Konzept der Kindesankunft – ein Wandel ist notwendig. In: Dietrich, C.. u. David, M. (Hg.): Freiräume und Zwänge. Tagungsbeiträge des IX. Symposiums der OGGPG. Akademos, Hamburg
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