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Artikel des Monats November 2017

vorgestellt von PD Dr. med. Friederike Siedentopf

Marino JL, Saunders CM, Hickey M.

Sexual inactivity in partnered female cancer survivors.

Maturitas. 2017 Nov; 105:89-94.

 

In der vorliegenden australischen Studie wird die sexuelle Aktivität in einer Studienpopulation von weiblichen Krebsüberlebenden, die in einer Partnerschaft leben, untersucht. Es ist ein selektiertes Kollektiv, da Patientinnen befragt wurden, die eine spezialisierte Nachsorgesprechstunde nach Krebserkrankung mit menopausaler Symptomatik aufsuchten. Die Untersuchung ist interessant, da sie eine Lücke füllt: es gibt wenig Kenntnisse zur sexuellen Aktivität nach einer Krebserkrankung. Als Instrumente wurden der Fallowfield’s Sexual Activity Questionnaire, Lebensqualitätsfragebögen (die Functional Assessment of Cancer Therapy General, Breast Cancer, und Endocrine Symptom Skalen), und die Greene Climacteric Scale eingesetzt. Verglichen wurden die Ergebnisse der sexuell aktiven Frauen mit denen der inaktiven Studienteilnehmerinnen. Insgesamt wurden 316 Frauen befragt. Die meisten Studienteilnehmerinnen waren Brustkrebsüberlebende (n=268, 85%) und waren sexuell aktiv (n=227, 72%).  Diejenigen Frauen, die nicht sexuell aktiv waren (n=89, 28%), waren im Vergleich etwas älter als die aktiven (53.1v 51.0 years, p=0.049), aber sie unterschieden sich nicht hinsichtlich des Menopausenstatus, der Zeit nach der Krebsdiagnose oder der stattgehabten Behandlung (Chemotherapie, Anti-Östrogen-Therapie oder menopausaler Hormontherapie). Die angegebenen Hauptgründe für sexuelle Inaktivität waren der Verlust an Interesse an Sex (78%) und zu müde zu sein (44%). Diejenigen, die nicht sexuell aktiv waren, waren auch eher unzufrieden mit ihrem Sexualleben (adjusted odds ratio (aOR) 3.52, 95% CI 1.66-7.48) und hatten das Interesse an Sex verloren (aOR 2.12, 95% CI 1.22-3.67). Verglichen mit den sexuell aktiven Frauen fühlten sich die sexuell inaktiven Frauen eher sexuell unattraktiv oder unfähig, sich als Frau zu fühlen (aOR 2.51, 95% CI 1.01-6.24 resp. aOR 2.21, 95% CI 1.32-3.71) und waren eher gestört durch Gewichtsveränderungen, eher bewusst in Bezug auf ihre Kleiderwahl und durch Haarverlust beeinträchtigt (resp. aOR 1.84, 95% CI 1.10-3.05; aOR 2.75, 95% CI 1.63-4.64; aOR 1.85, 95% CI 1.04-3.29). Die sexuell inaktiven Frauen erreichten niedrigere Werte in der Brustkrebs-bezogenen Lebensqualität, aber unterschieden sich nicht in der körperlichen, sozialen oder funktionellen sowie der Menopause-bezogenen Lebensqualität. Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und vaginale Trockenheit waren in beiden Gruppen gleich häufig vertreten (resp. sexuell inaktiv 45.5% v. aktiv 38.3%, aOR 1.28, 95%CI 0.75-2.18; 48.8% v. 49.5%, aOR 0.94, 95% CI 0.57-1.56).

Schlussfolgerungen: Über ein Viertel aller in einer Partnerschaft lebenden krebsüberlebenden Frauen war in dieser Untersuchung sexuell inaktiv. Das ist deutlich mehr als in altersgematchten Vergleichsgruppen, bei denen Werte von 13 bis 17% erzielt werden. Die sexuell inaktiven Frauen waren eher unzufrieden mit ihrem Sexualleben, fühlten sich sexuell weniger attraktiv und waren eher besorgt bezüglich ihres Erscheinungsbildes. Die Gründe für die sexuelle Inaktivität waren multifaktoriell und komplex, dabei ist es interessant, festzustellen, dass das Vorkommen von vaginaler Trockenheit und Dyspareunie in beiden Gruppen gleich war. Die Autoren schließen daraus, dass Interventionen, die die sexuelle Inaktivität beeinflussen sollen, nicht auf die Behandlung dieser körperlichen Symptome limitiert werden sollten, sondern letztlich deutlich komplexere Behandlungsansätze erfordern.

Aus meiner Sicht sind hier psychosomatische Interventionen ein möglicher Ansatz. Voraussetzung ist, dass die sexuelle Aktivität überhaupt Thema des Arzt-Patientinnen-Gesprächs im Rahmen der regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen ist und aktiv erfragt wird.

Friederike Siedentopf, November 2017

PD Dr. med. Friederike Siedentopf

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