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Abschied von Hans-Georg Siedentopf

Hans-Georg Siedentopf (1936-2021) war einer der ersten Psychosomatiker in Deutschland, der das Fach Gynäkologie um die psychosoziale Sichtweise erweiterte. Einige von uns werden ihn noch von den ersten Kongressen in Mainz und Frankfurt kennen, Tagungen „… etwas entfernt von der streng gynäkologischen Tradition“, wie er es 1984 in seiner Begrüßung zur Frankfurter Tagung selbst formulierte.  Nach seinem Medizinstudium in Heidelberg, München, Wien und Göttingen absolvierte er seine Facharztausbildung in Göttingen und promovierte dort – unterbrochen von einem Forschungsjahr am Max-Planck-Institut in Freiburg.

Ab 1969 prägte er als Oberarzt in der Universitätsfrauenklinik Frankfurt die Geburtshilfe, die Poliklinik, und nicht zuletzt das Studium der Frauenheilkunde, wie ich als Studentin erfahren durfte.
Wir erinnern uns an einen zugewandten, warmherzigen, sorgsamen und anteilnehmenden Menschen, der nie eine schnelle Antwort zu den Problemen fand und nie beweisen wollte, dass in der Medizin und Psychosomatik „alles geklärt“ ist.

In den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts war für Frauen mit ungewollter Schwangerschaft das Erleben der frühen Schwangerschaft angstmachend und bedrohlich. Beratung und Offenheit in dieser Frage zur Lösung des Konflikts auch durch einen Schwangerschaftsabbruch waren „tabu“. Er engagierte sich sehr früh bei der pro familia Hessen und kämpfte für die Möglichkeit einer guten Aufklärung, Beratung und der Durchführung eines ambulanten Schwangerschaftsabbruchs. Seine couragierte Tätigkeit in der Beratung und als langjähriges Vorstandsmitglied des hessischen Landesverbandes führte auch schließlich dazu, dass die Betreuung von Frauen mit Schwangerschaftskonflikt in Deutschland nunmehr menschlicher geworden ist. Für diese Tätigkeit erhielt er 2012 das Bundesverdienstkreuz.

Die Gespräche im Familienkreis mit seiner Frau Dörte und den Kindern Friederike und Jan-Peter waren immer vom „Geist“ der Familie Siedentopf bestimmt: Freundlichkeit, Offenheit, Engagement und Zugewandtheit.

Wir trauern um ein Mitglied, das sich nie in den Vordergrund drängte, der aber die gelebte Psychosomatik in Deutschland mitprägte.

Heribert Kentenich        Claudia Schumann

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