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Ärztliche Psychotherapie und Psychosomatische Medizin 04/2016
10 Jahre Zeitschrift Ärztliche Psychotherapie

Prof. Dr. Dr. Mechthild Neises

Warum eine neue wissenschaftlich begründete und praxisorientierte Zeitschrift Ärztliche Psychotherapie für die Psychotherapie in der Medizin? Diese Frage stellte sich 2006 vor der Gründung dieser Zeitschrift. Zwar gab es die Zeitschrift für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Deutschen Gesellschaft für Psychotherapeutische Medizin (DGPM), doch diese war und ist vor allem akademisch-wissenschaftlichen Aspekten verpflichtet. Die praktisch-anwendungsbezogenen Probleme der Psychotherapie kamen zu kurz. Vor allem aber: Es waren die Jahre, in denen nach Inkrafttreten des Gesetzes des psychologischen Psychotherapeuten im Jahre 1999 die Praxis der Psychotherapie in schnell anwachsendem Umfang vor allem seitens der Diplompsychologen, also psychologischer Psychotherapeuten praktiziert wurde. Deren Anzahl übertraf bald die der ärztlichen Psychotherapeuten. Damit schien zugleich die zumeist von Ärzten und Ärztinnen praktizierte psychodynamische, also die tiefen-psychologisch fundierte und die psychoanalytische Therapie auf Nebengleise zu geraten. Psychotherapie schien sich immer mehr aus dem spezifisch Menschlichen, dem subjektiven Erleben auf das objektive Verhalten zu reduzieren, d.h. aus dem Prinzip der Reflexion als einem intrapsy- chisch-strukturellen Änderungspotenzial in das der Aktion als einem unmittelbaren Korrekturpotenzial. Statt des Werdens der Person trat das Verhalten als Handlung auf die „Bühne der Psychotherapie“. Mit dem Begriff der Psychotherapeutenkammer für die Psychologen und Psycholo- ginnen in Abgrenzung zur Ärztekammer wurde schließlich Psychotherapie als eine psychologische und nicht zugleich auch ärztliche Kompetenz signalisiert, eine heute unter Laien verbreitete Auffassung. So ist auch unter Laien das Wort „Verhaltenstherapie“ gegenwärtig weitgehend ein Synonym für Psychotherapie.

In Anbetracht dieser Entwicklung war es schon vor zehn Jahren dringend erforderlich, der ärztlichen Psychotherapie auch in ihrer Publizität nachdrücklich Gewicht zu geben. Ist doch Psychotherapie ein wichtiger und umfangreicher Bereich der Heilkunst am Menschen schon seit Beginn der antiken Medizin bei Hippokrates von Kos um 460 v. Chr., der in seinem „Asklepion“ eine suggestiventspannende Psychotherapie praktizierte. Trotz der rapiden Fortschritte in Naturwissenschaft und Technik auch innerhalb der Medizin, erweist sich, dass die pharmakologische und die apparative Therapie nicht zurei- chen, um dem Menschen in seiner Ganzheit hilfreich zu sein.

Bei allem hat sich der Beschluss der DGPM unter Initiative von Prof. Thomas H. Loew und Dr. Dietrich Bodenstein zur Gründung der Zeitschrift Ärztliche Psychotherapie entspre- chend der Bedeutung der Psychotherapie für den ärztlichen Zugang zum Patienten als wichtiger Schritt erwiesen. Der Schattauer Verlag hat das Wagnis dieser neuen Zeitschrift dan- kenswerterweise mitgetragen. Ihr Erscheinen hat sich als notwendig erwiesen, vermittelt die Zeitschrift doch gerade den praktisch tätigen „Niedergelassenen“, wie es im Editorial der ersten Ausgabe heißt, offensichtlich wichtige Informationen; denn die Zahl der Abonnenten nahm und nimmt stetig zu. Das dürfte durch die immer mehr anwachsende Zahl der Psychotherapiesuchenden Patienten und Patientinnen und ebenso durch die inhaltliche Gestaltung der Ärztlichen Psychotherapie begründet sein, vermittelt sie doch nicht nur die di- versen Krankheitsbilder der Psychosomatik und Behandlungsansätze der Psychotherapie, sondern auch Wege zu einer effektiven und möglichst störungsfreien Gestaltung der Arzt- Patient-Kommunikation. Durch die jeweils thematischen Schwerpunkthefte, die Synopsis zwischen körperlichen und seelischen Aspekten im Sinne der Psychosomatik wie auch durch Anregungen zu einer hilfreichen Gestaltung der therapeutischen Kommunikation ist die Zeitschrift Ärztliche Psychotherapie auch im Rahmen der ärztlichen Disziplinen mit hohem Gesprächsanteil, wie der Allgemeinmedizin, der Gynäkologie, der Onkologie, der Kinderheilkunde und vieler anderer Fachgebiete von Bedeutung.

Es gibt von nun an eine kleine, aber wichtige Änderung und Erweiterung mit dem Untertitel Psychosomatische Medizin und Psychosomatische Grundversorgung. Die Psychosomatische Grundversorgung ist wie bekannt eine wichtige Säule in der psychotherapeutischen Versorgung und hat seit Jahren an Bedeutung gewonnen. Sie ist fest etabliert in der Weiterbildung zum Facharzt für Frauenheilkunde sowie für Allgemeinmedizin. Es liegt nahe, sie in weiteren Fachgebieten über die Psychosomatische Grundkompetenz hinaus motivierend und verpflichtend einzuführen. So sind Schriftleiter und Verlag überzeugt, dass die Ärztliche Psychotherapie – Psychosomatische Medizin und Psychosomatische Grundversorgung auch in diesen Fächern großes Interesse findet.

Der Leser wird außerdem über die Arbeit kooperierender Fachgesellschaften, über Fortbildungsveranstaltungen, über Fachkongresse und über die der Psychotherapie nahestehenden Wissenschaftsgebiete und Berufe informiert.

Im Namen aller Schriftleiter danken wir unseren interessierten und kritischen Lesern und Leserinnen, mit Ihnen allen setzen wir uns ein für die Verbreitung und Rezipienz der ärztlichen Psychotherapie und psychosomatischen Medizin – auf weitere 10 Jahre!

Autorin

Prof. Dr. Dr. med. Mechthild Neises
Aachen Hauptschriftleiterin Ärztliche Psychotherapie

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