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Artikel des Monats Dezember 2018

vorgestellt von Prof. Dr. med. Matthias David

Peer Briken, Silja Matthiessen.

Sex-Survey-Forschung in Deutschland.

Zeitschrift für Sexualforschung 2018, 31: 215 – 217

Bei jeder gynäkologischen Konsultation in der Praxis und bei jedem stationären Aufenthalt in einer Frauenklinik werden ausgesprochen oder unausgesprochen Fragen der Sexualität der Patientin berührt. Daher soll hier auf erste Ergebnisse einer aktuellen Umfrage zur Sexualität eingegangen werden, die Daten zum sexuellen Verhalten von Männern und Frauen in Deutschland erhoben hat. In einem Schwerpunktheft der „Zeitschrift für Sexualforschung“ wird diese Pilotstudie ausführlich vorgestellt. In dem Editorial dieses Heftes betonen Briken und Matthiesen (2018), dass seit dem legendären Kinsey-Report in den späten 1950/frühen 1960er Jahren keine umfassenden und repräsentativen Daten zur Sexualität in Deutschland erfasst wurden. Anders als in vielen anderen Ländern Europas und der sonstigen westlichen Welt liegen Indikatoren zur „sexuellen Gesundheit“ für Deutschland nicht vor, wie die Autoren betonen. Sie erwähnen auch nochmals die (umfassende und besondere) Definition der WHO für „Sexuelle Gesundheit“, die demnach als „…untrennbar mit Gesundheit insgesamt, mit Wohlbefinden und Lebensqualität verbunden…“ und als „…Zustand des körperlichen, emotionalen, mentalen und sozialen Wohlbefindens in Bezug auf die Sexualität und nicht nur das Fehlen von Krankheit, Funktionsstörungen oder Gebrechen…“ verstanden wird.

Die „Pilotstudie zur Sexualität Erwachsener in Deutschland“ wurde vom „Hamburger Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie“ durchgeführt und sollte zwei Fragen beantworten: (1.) Ist eine detaillierte Befragung zur Sexualität, den sexuellen Verhaltensweisen und Praktiken, Einstellungen und Beziehungen der Deutschen im Alter von 18 bis 75 Jahren überhaupt machbar? (2.) Welches ist das bessere Erhebungsinstrument dafür:  Face-to-face-Interviews oder postalisch versandte Fragebögen (Methodenvergleich in Vorbereitung der Hauptstudie)?

Die Autoren des Editorials betonen, dass es kleinere Untersuchungen zur Sexualität in Deutschland natürlich auch in den letzten Jahrzehnten gegeben habe. Hierzu wären u.a. die empirischen Untersuchungen zur „Studenten-Sexualität“ von Giese und Schmidt, publiziert 1968, und spätere Untersuchungen von Schmidt und Sigusch zur „Arbeiter-Sexualität“ (1971) und weitere, in der Tradition des „Hamburger Instituts für Sexualforschung“ durchgeführte Studien zu erwähnen sowie Untersuchungen der „Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung“.

Vergessen oder ausgeblendet werden hingegen die Untersuchungen zur Sexualität in der DDR, die im Editorial erwähnte Forschungstraditionslinie bezieht sich offenbar ausschließlich auf „West-“Deutschland bzw. die ehemalige BRD vor 1989.

Die Pilotstudie kam zu ersten interessanten Ergebnissen. Die Kritik daran bezog sich vor allem auf die problematische Teilnahmequote der Pilotstudie – für die postversandten Fragebögen betrug sie 9 %, bei den Face-to-face-Interviews 18 %. Die Forscherinnen und Forscher mussten die Erfahrung machen, dass es sehr viel schwerer ist als noch vor einigen Jahren, Menschen zur Teilnahme an einer solchen Sexualitätsbefragung zu gewinnen. Aus der niedrigen Teilnahmequote ergibt sich natürlich eine deutliche Einschränkung der Aussagekraft dieser ersten Daten.

Geplant ist bei der seit dem Herbst 2018 laufenden Hauptstudie „Gesundheit und Sexualität in Deutschland“, etwa 5000 Frauen und Männer zu befragen. Obwohl, wie die Autoren schreiben, „die Menschen … angesichts der Vielzahl von Befragungen müde und wohl oftmals auch skeptisch in Fragen des Datenschutzes“ sind, werden Bevölkerungsdaten gebraucht, um valide Daten zu sexuellen Praktiken, Einstellung zur Sexualität, sexuellen Funktionsstörungen aber auch Wissen über sexuell übertragbare Infektionen, um daraus aus Schlussfolgerungen für die Prävention wie auch für die (gynäkologische) Praxis zu ziehen.

Man darf auf die dann wohl 2020 vorliegenden Daten gespannt sein.

 

(M. David)

Prof. Dr. med. Matthias David

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